I'm not alone | Tauchen 1 | Tauchen 2
8.-10. Oktober 2010, deuxpiece, Basel
Tunnelblick. Über die Arbeit von Christine Camenisch
....."Tauchen 1" ist alles andere als langatmig. Lässt man sich auf die Projektion auf dem Schaufenster ein, wird man in den Sog dieser Tunnelfahrt hineingezogen. Lichter flitzen vorbei und bilden mit den weissen Abtrennungsstreifen eine Diagonale über das Schaufenster.
Treten Sie näher bis die Nase beinahe die Glasscheibe berührt. In dieser Nahsicht verlangsamt sich die Fahrt und wird zu einem zähflüssigen slow-motion Film. Ein Paar Schritte zurück und man kann die Beschleunigung der Projektion wieder erleben. Ein optisches Phänomen, das dem Loop eine zusätzliche Dimension gibt.
..... Christine Camenischs Filme sind nicht narrativ. Die leeren Tunnelfilme sind das Bild per se der Ereignislosigkeit, des Loops. Und doch wird, unterstützt durch die rhytmische Musik von Johannes Vetsch diese nicht enden wollende Fahrt zu einem Aufbruch, einer Flucht und einem Gefühl von "nichts wie weg" oder besser "nichts wie raus".
"Tauchen 2", die neun kleinen parallelen Projektionen evozieren die Standbilder von Überwachungskameras in Tiefgaragen oder Tunnels, die von Securitas nur mit flüchtigen Blicken gewürdigt werden. In diesem Tunnel gibt es aber kein Unruhestifter, der sich hinter der Kurve verbirgt, kein Raser, der die Strasse unsicher macht. Die Gefahr kommt vielmehr vom Tunnel selber. Der absurde Kreislauf, beim Tunnelfilm um die Kurve noch verstärkt, ist die Verkörperung von Beklommenheit, Teufelskreis und Klaustrophobie. Und doch gibt es die Hoffnung, dass dieses Allein-Sein jederzeit durch ein entgegenkommendes Auto für die Dauer eines Augenblicks aufgehoben wird und die im Titel "I am not alone" angedeutete Begegnung einlösen.
Auch in diesen Arbeiten konzentriert sich Christine Camenisch auf die für sie so wichtigen Komponente von Licht und Bewegung, die sie anfänglich mit Diaprojektoren und seit einigen Jahren mittels digitaler Medien umsetzt.
Die Ausstellungssituation scheint für die Aussenprojektion wie geschaffen: es ist eine Rückprojektion auf eine Schaufensterscheibe entlang einer befahrenen Strasse, nur Nachts sichtbar. Scheinwerfer von vorbeiflitzenden Autos, ein schummriges, gelbliches Licht der Laterne. Wenn man bedenkt, dass die Projektion die ganze Nacht läuft, kann man sich vorstellen, dass die Kannenfeldstrasse zu später Stunde so verlassen wirkt, wie der Belchentunnel in seinem endlosen Defilee auf der Fensterfront der Hausnummer 23.
(Text: Claire Hoffmann)